alle bleiben!aus Göttingen hat eine bundesweite Unterschriftenaktion gestartet. Ziel ist, der Innenministerkonferenz Anfang Dezember in Wiesbaden mindestens 10.000 Unterschriften für ein Bleiberecht der Roma zu präsentieren. Hier können Sie die Liste herunterladen. Bitte senden Sie unterschriebene Listen bis Ende November an: Projekt Roma Center Göttingen e.V., Postfach 30 05, 37020 Göttingen.
alle bleiben! hat am 7.12.2011 dem hessischen Innenminister Boris Rhein 5.000 Unterschriften überreicht.
Pro Asyl ruft anläßlich der Innenministerkonferenz dazu auf, die Forderung nach einer verbesserten Bleiberechtsregelung an die zuständigen Landesministerien zu stellen. Formulierungsvorschläge, Adressen und eine automatisierte Mailverschickung finden Sie hier.
Gemeinsam mit dem Deutschen Caritasverband und dem Diakonischen Werk der EKD hat Pro Asyl die Anforderungen an eine neue Bleiberechtsregelung formuliert:
1. Fortlaufende Regelung ohne festen Stichtag
2. Realistische Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung
3. Verzicht auf restriktive Ausschlussgründe
4. Keine Familientrennung
Näheres finden Sie hier.
Die Grünen im Bundestag haben am 26.10.2011 einen Antrag „für eine wirksame und stichtagsunabhängige gesetzliche Bleiberechtsregelung im Aufenthaltsgesetz“ (hier herunterladbar) gestellt, der die oben genannten Anforderungen erfüllt.
Nach Medienberichten setzt Baden-Württemberg die Abschiebungen von Roma ins Kosovo und Serbien bis zum Herbst 2011 aus; es wurde kein konkreter Zeitraum und auch keine Ausschlussgründe genannt. Hier die Südwestpresse nach DPA am 4.8.2011:
„Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) hat die Abschiebung von Roma in das Kosovo und nach Serbien gestoppt. Sein Sprecher sagte am Donnerstag auf Anfrage, dass wegen des wieder aufgeflammten Kosovo-Konflikts Roma nicht mehr abgeschoben werden. ‚Die Lage dort ist besonders für Roma unsicher‘, sagte der Sprecher von Gall. Eine Delegation des Petitionsausschusses wolle sich bei einer Reise in die Region über die Lebenssituation von Minderheiten informieren. Nach abschließender Bewertung der für den Herbst geplanten Reise solle über den weiteren Aufenthalt der Roma-Flüchtlinge entschieden werden. In Baden-Württemberg leben nach Angaben des Innenministeriums derzeit rund 1200 geduldete Roma.“
Einzelne Bundesländer können Abschiebungsstopps einmalig für längstens sechs Monate anordnen. Zuletzt hatte dies NRW mit einem von Dezember 2010 bis Ende März 2011 geltenden Abschiebungsstopp für Minderheiten nach Serbien und Kosovo getan und mit den winterlichen Lebensbedingungen begründet.
Die Informationsreise der baden-württembergischen Delegation war bereits vor dem zur Begründung des aktuellen Abschiebungsstopps herangezogenen Grenzkonflikts im Nord-Kosovo geplant gewesen. Dies berichtete die Landtagsabgeordnete Edith Sitzmann am 27.7.2011 auf ihrer Website.
Das NRW-Innenministerium hatte bereits im Juni 2011 eine Delegation ins Kosovo geschickt, um die Bedingungen für Abgeschobene zu besichtigen. Über die Ergebnisse ist bislang nichts bekannt geworden.
Neu (23.12.2011): Nach Meldungen von alle bleiben! und Aktion Bleiberecht Freiburg soll die Delegationsreise des Petitionsausschusses in den Kosovo nun vom 18. bis zum 22. Januar 2012 stattfinden. Die Delegation wird einen Bericht erstellen, der die Entscheidung über weitere Abschiebungen aus Baden-Württemberg nach Serbien und in den Kosovo maßgeblich beeinflussen wird.
Am 15. Juni 2011 zeigen wir mit Unterstützung der „Linse“ um 19 Uhr im Cinema, Warendorfer Straße, den brandneuen Dokumentarfilm „Willkommen zuhause“ von Eliza Petkova, der einen Einblick in das Leben von nach Kosovo abgeschobener und abschiedebedrohter Roma-Familien aus Deutschland gibt.
Im Anschluss Filmgespräch mit Regisseurin Eliza Petkova, der Münsteraner Dokumentarfilmerin Katrin Schnieders und der Münsteraner Roma-Aktivistin Elvira Ajvazi.
22.5.2011
Die Fraktionen der SPD und von Bündnis 90 / Die Grünen im Rat der Stadt Münster haben in einen gemeinsamen Brief an münsteraner Abgeordnete des Bundestages sowie an die Fraktionsvorsitzenden und Migrationssprecherinnen ihrer Parteien im Landtag um den Einsatz für eine humane Bleiberechtsregelung für Kosovo-Roma gebeten.
Dieser Brief kann hier heruntergeladen werden und als Muster für ein eigenes Schreiben verwendet werden.
Die Adressen der münsteraner Mitglieder des Land- und Bundestages:
Svenja Schulze SPD, MdL, Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung
Josefine Paul GRÜNE, MdL
Rüdiger Sagel LINKE, MdL
Ali Atalan LINKE, MdL
Josef Rickfelder CDU, MdL
Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg CDU, MdL
Dr. Stefan Romberg FDP, MdL
Christoph Strässer SPD, MdB
Ruprecht Polenz CDU, MdB
Maria Klein-Schmeink Bündnis 90 / Die Grünen, MdB
Daniel Bahr FDP, MdB, Bundesminister für Gesundheit
April 2011
Appellieren Sie an Ihre Landtagsabgeordnete:
Keine Abschiebung von Roma in den Kosovo!
Unser Vorschlag: rufen Sie an oder vereinbaren Sie einen Termin in der Sprechstunde.
Alternativ können Sie einen Text (Muster hier herunterladbar) per Post oder Mail an Ihre(n) Abgeordnete(n) schicken.
Es eilt - schon am 12. April geht die nächste Abschiebung per Flugzeug nach Pristina, in dem viele Roma sitzen werden. Das können wir nicht verantworten!
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Erläuterungen:
Landtagsabgeordnete – Alle Abgeordnete sind gelistet auf der Website des Landtags. Auf ihren persönlichen Websites stehen Kontaktdaten, zumeist Mailadresse, Telefonnummern und Anschriften, zum Teil auch Sprechzeiten in den Büros. Auf Anfrage bieten alle Abgeordneten Sprechstunden für Bürgerinnen und Bürger an. Dort gehört dieser Appell hin!
Roma-Erlass (hier als PDF herunterladbar) – Er hält die Ausländerbehörden in NRW an, zu prüfen, und schätzt die Situation im Kosovo insbesondere für einige Personengruppen als „äußerst schwierig" ein. Er benennt diese vulnerablen Gruppen: Alte, Kranke, Pflegebedürftige, alleinerziehende Mütter, Familien mit Kindern und alleinreisende Frauen.
Die Situation im Kosovo – hier
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Landtags-Abgeordnete aus Münster:
Svenja Schulze SPD, Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung
Josefine Paul GRÜNE
Rüdiger Sagel LINKE
Ali Atalan LINKE
Josef Rickfelder CDU
11.3.2011
Pressemeldung des Presse- und Informationsamtes der Stadt Münster:
Münster bekräftigt Appell des Rates
Kosovo-Abschiebestopp des Landes NRW endet am 31. März
Münster (SMS) An die einstimmig gefasste Resolution des Rates für Roma und andere Minderheiten aus dem Kosovo erinnert am Stadthaus 1 ein Banner am Durchgang von der Klemensstraße auf den Platz des Westfälischen Friedens. „Keine Abschiebung in den Kosovo - Bleiberecht in Deutschland“ lautete im Juni 2010 der Appell an die Landesregierung angesichts der drohenden Abschiebung von zirka 260 Menschen, die in Münster ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben. Zugleich ermutigte der Rat damals die Verwaltung, „alles im Rahmen des gesetzlich Möglichen zu unternehmen, um Abschiebungen in den Kosovo zu verhindern“. Viele Bürgerinnen und Bürger in Münster haben seitdem ihre Solidarität mit den betroffenen Migranten aus dem Kosovo zum Ausdruck gebracht. Nicht zuletzt steht dafür die „Aktion 302“. Mittlerweile trat für NRW ein befristeter Abschiebestopp in Kraft. Der endet am 31. März, dann beginnt allein in Münster wieder für rund 250 Menschen die Zeit der Ungewissheit. Der Integrationsrat will das nicht hinnehmen. Auf seine Anregung hat der Hauptausschuss die Verwaltung beauftragt, die Resolution öffentlichkeitswirksam zu bekräftigen und bekannt zu machen. Die Resolution steht im Wortlaut unter www.muenster.de/stadt/pdf/resolution.pdf; ausführliche Informationen zur Problematik von Abschiebungen in den Kosovo enthält die Homepage www.aktion302.de.
PS: Das Banner wurde im Mai 2011 wieder entfernt.
Nach dem Ende der NRW-Winterabschiebungspause wird die Abschiebung von auch nicht straffälligen Roma, Aschkali und Egyptern wieder aufgenommen. Nach unseren Informationen fanden im April 2011 bislang zwei Abschiebungs-Flüge statt:
5. April 2011
Sammelcharter von Düsseldorf nach Belgrad (über 150 Personen, fast alle sind Roma aus NRW; andere Berichte schreiben von 50 Roma, davon 25 aus NRW)
12. April 2011
Sammelcharter von Düsseldorf nach Pristina (organisiert vom Regierungspräsidium Karlsruhe, 110 Personen aus Dresden, Neumünster, Mönchengladbach, Oldenburg und Bielefeld, davon 77 Roma und 4 Aschkali; in Pristina wurden dann 43 Personen gezählt, darunter ein Mann aus Rheine mit seiner 20jährigen Tochter, deren Mutter bzw. Gattin mit fünf Kindern in Rheine geblieben ist und die seit 21 Jahre in Deutschland lebten)
Zum 12. April, 10.30 Uhr, rief alle bleiben! zu einer angemeldeten Kundgebung in die Abflughalle des Düsseldorfer Flughafens auf. Dort wurde auch zu 10 Uhr von der Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative Stay! e.V. und dem Kölner Rom e.V. zu einer Pressekonferenz eingeladen, auf der u.a. der Düsseldorfer Diakoniepfarrer Thorsten Nolting und die Mitglieder des NRW-Landtags Monika Düker (Bündnis90/Grüne, regierend) und Ali Atalan (Die Linke) sprachen.
Donnerstag, 31. März 2011, 17.30 Uhr
vor dem Stadthaus 1, Münster, Klemensstraße (zwischen Karstadt und Kaufhof)
Am 31.3.2011 geht der viermonatige Abschiebestopp des Landes NRW für Roma, Ashkali und Ägyptern aus Serbien und Kosovo zu Ende. Ab 1. April sind nicht nur serbische Roma, sondern trotz der vielfach erklärten Absicht der Stadt Münster, nicht abzuschieben, auch einige der schon lange in Münster lebenden 302 Kosovo-Roma ernsthaft gefährdet, zwangsweise in ein ihnen fremdes und feindlich gesonnenes Land gebracht zu werden.
Die Kundgebung behandelt das Problem mit Redebeiträgen aus verschiedenen Blickwinkeln, stellt Lösungsmöglichkeiten vor und wird öffentlich bekunden, dass die Bürger und Bürgerinnen Münsters Abschiebungen nicht akzeptieren werden.
1.12.2010
Das Innenministerium NRW hat in einem Erlass von heute Abschiebungen von Roma, Ashkali und Ägyptern nach Serbien und Kosovo bis zum 31. März 2010 ausgesetzt. Der Abschiebungsstopp gilt damit offenkundig auch für die Personen, die in der kommenden Woche für die Sammelabschiebungsflüge nach Pristina und Belgrad angemeldet sind. Ausgenommen sind allerdings Straftäter mit mehr als 50 Tagessätzen - wobei ausländerrechtliche Straftaten außer Betracht bleiben und Einzelstrafen nicht addiert werden, Familientrennungen allerdings hingenommen werden.
Nach Informationen des Flüchtlingsrates NRW geht am 7.12. ein Abschiebeflug von Düsseldorf nach Pristina, für den insgesamt 103 Anmeldungen vorlagen, davon ursprünglich für 20 Roma aus NRW, sowie ein Abschiebeflug am 9.12. von Düsseldorf nach Belgrad, für den insgesamt 98 Anmeldungen vorlagen, davon ursprünglich für 50 Roma aus NRW. Bitte melden Sie Ihnen bekannte betroffene Fälle an den Flüchtlingsrat NRW, Telefon: 0201-899080, Mail: info@frnrw.de
Der 28-jährige Flüchtling Haki im täglichen Existenzkampf im Kosovo nach seiner Abschiebung aus Deutschland. Ohne festen Wohnsitz, ohne ausreichend zu Essen und ohne Aussicht auf geregelte Arbeit, muss er dennoch versuchen, irgendwie zu überleben, irgendwie eine Haltung und einen Sinn zu finden im Angesicht unzähliger Sinnlosigkeiten, die ihn umgeben. Dabei ist Heimat für ihn in Deutschland, wo seine deutsche Frau, mit der er zwei Kinder hat, lebt.
Der Film zeigt an dem Beispiel dieses doppelt vertriebenen Menschen die Folgen eines Konflikts zwischen Völkern und Religionen, der mitten unter uns in Europa stattfi ndet und längst auch zu einem sozialen und kulturellen Problem geworden ist.
Mit anschließender Podiumsdiskussion: „Abschiebung von Roma in den Kosovo - was kann Münster dagegen tun?“
Warendorfer Str. 45-47, Kartenvorbestellung: 0251-30300 oder cinema-muenster.de
Mai 2010
In ganz Deutschland gibt es Organisationen, die das Bleiberecht für Roma in Deutschland durchsetzen wollen und hierfür unter dem Motto „alle bleiben“ bundesweit zusammenarbeiten.
Mehr Infos zu der Kampagne und einen deutschlandweiten Überblick über Gruppen, die sich für die Interessen der Roma einsetzen findet sich hier.
Mai 2010 – Pro Asyl ruft auf:
Fußgängerzone in Münster: Hunderte Bürgerinnen und Bürger solidarisieren sich mit den seit Jahren in ihrer Stadt lebenden Roma-Flüchtlingen. Sie wollen nicht zulassen, dass ihre Nachbarinnen und Nachbarn in den Kosovo abgeschoben werden. Mit einer kreativen Fotoaktion in der Fußgängerzone setzen sie ein öffentliches Zeichen des Protestes.
Machen Sie mit!
Bundesweit sind etwa 10.000 Roma von Abschiebung bedroht. Mit dem kürzlich unterzeichneten Rückübernahmeabkommen will Deutschland jährlich bis zu 2.500 Menschen, die zum Teil schon seit vielen Jahren bei uns leben, in den Kosovo zurückschicken. Dagegen protestieren wir!
Vegetieren am Rande der Müllkippe
Im Kosovo erwartet die Abgeschobenen Elend und Perspektivlosigkeit. Ein Leben geprägt von Angst und Diskriminierung -- häufig ohne Zugang zu Arbeit, Bildung und medizinischer Versorgung.
Jetzt aktiv werden! Engagieren Sie sich:
Schicken Sie eine Protestmail an die Innenminister der Länder. Auf unserer Homepage können Sie mit einem Klick das Protestschreiben "Keine Abschiebungen ins Elend!" an alle 16 Innenminister schicken.
http://www.proasyl.de/de/home/aktion-keine-abschiebungen-ins-elend/
Protestieren Sie mit einem Foto
http://www.proasyl.de/de/home/aktion-keine-abschiebungen-ins-elend/fotoaktion/
Ob alleine oder zusammen mit Bekannten und Verwandten, ob gemeinsam mit Freunden aus der ganzen Welt oder betroffenen Roma aus der Nachbarschaft
- halten Sie Ihren Protest gegen die Abschiebungen auf einem Foto fest. Senden Sie dieses mit einer persönlichen Protestmail an den Innenminister Ihres Bundeslandes. Bitte senden Sie Ihr Foto ebenfalls an info@proasyl.de. Wir wollen eine Auswahl auf unserer Homepage veröffentlichen:
http://www.proasyl.de/de/home/aktion-keine-abschiebungen-ins-elend/fotoaktion/
21.4.2010
Keine Wohnungen, keine Jobs, kein Schulbesuch: Das Kosovo ist mit der Aufnahme der Roma aus Deutschland überfordert, sagt der grüne Bundespolitiker Josef Winkler nach einem Besuch vor Ort im Interview mit der taz, das Sie hier in ganzer Länge lesen können. Zugleich ergeben Zahlen des Bundesinnenministeriums, dass im vergangenen Jahr bundesweit nur 91 Angehörige Angehörige der Roma "freiwillig" in den Kosovo zurückgekehrt sind. Offenbar ist der Problemdruck für Flüchtlinge aus dem Kosovo so groß, dass die Betroffenen sich trotz der für viele bestehenden Abschiebungsdrohung nur zu einem kleinen Prozentsatz durch finanzielle und sonstige Hilfen zu einer Rückkehr bewegen lassen (Quelle: Flüchtlingsrat Niedersachsen).
16.4.2010
Die Abschiebung von Tausenden Menschen in den Kosovo steht bevor. Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière und sein kosovarischer Amtskollege Bajram Rexhepi haben am 14. April 2010 in Berlin ein Abkommen unterzeichnet, welches die wechselseitige Rückübernahme ausreisepflichtiger Personen aus dem Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei regelt. Grüne und Linke üben Kritik. Quelle: migazin.de
Ostern 2010
Zahlreiche namhafte Unterzeichner plädieren für eine Aufenthaltsregelung für Roma aus humanitären Gründen:
„Es ist nun schon fast 10 Jahre her, dass der Deutsche Bundestag am 30. Juni 2000 zu mitternächtlicher Stunde einen sehr denkwürdigen Beschluss gefasst hat. Der Beschluss wurde von den Bundestagsabgeordneten mit großer Mehrheit beschlossen und hatte die Überschrift „Humanitäre Grundsätze in der Flüchtlingspolitik beachten“. Dabei ging es damals vor allem um die Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina. Aber bereits damals wurde in dem Antrag auf das besonders schwere Schicksal der Roma und Aschkali hingewiesen, die überall „Minderheit“ und fast überall Diskriminierte oder Gejagte sind. Leider hat sich an dieser Situation bis heute nicht viel geändert. Sie sind fast überall auf dem Balkan vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt und leben am Rande der Gesellschaft. Doch in Deutschland sieht man sich an das Bekenntnis zu den humanitären Grundsätzen, zu denen wir uns am 30.6.2000 bekannt haben, nicht mehr gebunden. ...“
Der Appell komplett als PDF
18.3.2010
Am Mittwoch (17. März 2010) sind etwa 50 Roma, Ashkali und Albaner von Düsseldorf in den Kosovo abgeschoben worden. Nach der Flugliste waren ursprünglich 152 Personen für diese Sammelabschiebung vorgesehen gewesen, davon 60 Kinder und Jugendliche, die zum Teil in Deutschland geboren sind, und viele teils schwer kranke Menschen. Nach Angaben des WDR gelang es offenbar zahlreichen Betroffenen vor der Abschiebung unterzutauchen, bei einigen Familien haben Gerichte die Abschiebung gestoppt, eine Familie in Göttingen ist in ein Kirchenasyl geflohen.
Unter den Abgeschobenen waren nach Angaben der Westfälischen Nachrichten eine siebenköpfige Familie aus Ibbenbüren, eine sechsköpfige Familie aus Beckum und eine siebenköpfige Familie aus Ahaus, zwei Familien aus Heek und Bocholt gelang die Flucht vor der Abschiebung. Am Flughafen Düsseldorf haben rund 150 Personen gegen die Abschiebungen protestiert.Weitere Sammelabschiebungen in den Kosovo werden auch in den kommenden Wochen zu erwarten sein.
Derweil haben bereits im Februar in einem österreichischen Provinzdorf Einwohner gemeinsam mit dem konservativen ÖVP-Bürgermeister die Abschiebung einer Familie in den Kosovo verhindert: Die Polizei musste unverrichteter Dinge wieder abziehen, weil Bürger den den Eingang des Hauses blockierten.
Die Stadt Münster hat bereits im vergangenen Herbst in einem einstimmigen Stadtratsbeschluss gegen mögliche Abschiebungen von Roma in den Kosovo klare Position bezogen. Zahlreiche weitere Gemeinden und Kreise in der Region sind diesem Beispiel gefolgt und haben ähnliche Resolutionen verabschiedet.
16.3.2010
Morgen, am 17. März, findet ungeachtet zahlreicher Proteste und der Berichte über die aussichtslose Lebenssituation, die Roma im Kosovo erwartet, wieder ein Abschiebeflug von Düsseldorf nach Pristina statt. Unter den Abzuschiebenden befinden sich mindestens 16 Menschen aus dem Münsterland. Auch Familien mit kleinen Kindern und schwer kranke Personen sollen dorthin abgeschoben werden, wo sie weder Arbeit noch Haus, noch Schule, sondern Gewalt und Ausgrenzung erwarten.
Insgesamt sollen 89 Personen aus Nordrhein-Westfalen und 58 Menschen aus Niedersachen, Bremen und Schleswig-Holstein, in der Mehrzahl Roma und Ashkali, nach Pristina (Kosovo) abgeschoben werden. Auf der Flugliste, auf der nicht der jetzige Wohnort, sondern der Geburtsort vermerkt ist, finden sich unter anderem Kinder und Jugendliche mit Geburtsort Ahaus, Coesfeld, Ibbenbüren, Gronau, Bocholt und Lünen. Im Klartext: Diese Kinder werden in ein gänzlich unbekanntes Land abgeschoben und aus ihrer Heimat Westfalen entwurzelt.
Mehrere zum Teil schwer kranke Personen sollen ebenfalls abgeschoben werden: So ist bei einer der abzuschiebenden Personen vermerkt: "ärztl. Begleitung während des Fluges, da suizidale Handlungen nicht auszuschließen sind, aktuelle Reisefähigkeitsbescheinigung erforderlich!!!". Bei einer anderen kranken Person aus Niedersachsen heißt es: "Diabetes mellitus Typ II, Zustand nach Krebserkrankung, eine medikamentöse Therapie und fachärztl. Weiterbehandlung im Kosovo ist erforderlich! Flugfähigkeit ist gegeben! Ärztl. Begleitung während des Fluges ist erforderlich." Bei einer dritten Person: "u. a. entgleiste Diabetes mellitus Typ 2, chron. Hepatitis B, chron. obstruktive Lungenerkrankung, ärztl. Begleitung während des Fluges.". Als weitere Erkrankungen auf der Liste werden unter anderem genannt: akuter Herzinfarkt im Sommer 2009, Asthma bronchiale, "Dialysepatient", psychogene Krampfanfälle.
Die älteste Person ist 61 Jahre alt, das jüngste Kind gerade einmal acht Monate. Fast 60 der 147 Abzuschiebenden sind Jugendliche unter 18 Jahren, darunter viele Kinder, die ihr gesamtes Leben in Deutschland verbracht haben. Die bevorstehende Abschiebung bedeutet für sie das Ende all ihrer Perspektiven und Hoffnungen. Deshalb appellierte auch UNICEF kürzlich an die Bundesregierung, die Abschiebung von Roma-Kindern und ihren Familien auszusetzen. Nach Berichten von Nichtregierungsorganisationen, des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) sowie des Menschenrechtskommissars des Europarates, Thomas Hammarberg, sind Angehörige der Roma, der Ashkali und anderer Minderheiten im Kosovo weiterhin bedroht. Bereits abgeschobene Roma berichten über Gewalt und rassistische Diskriminierung von Seiten albanischer Polizeikräfte.
Anlässlich des morgigen zweiten Jahrestages der Unabhängigkeit des Kosovo macht UNICEF auf die extrem schwierige Lebenssituation und mangelnde Integration von Roma-Kindern in dem noch immer vom Bürgerkrieg gezeichneten Land aufmerksam. Im Kosovo leben etwa 60 Prozent der Roma-Kinder unterhalb der Armutsgrenze. Eine ausreichende Gesundheitsversorgung existiert für sie nicht. Roma-Familien, die aus Deutschland abgeschoben wurden, leben oft außerhalb der Gemeinden, in Holzbaracken, ohne Heizung und in verwahrlosten Verhältnissen.
Mehr Infos gibt es hier.
10.2.2010
Interview mit Minister Nenad Rasic
Die Bundesregierung will in den nächsten Jahren insgesamt etwa 14.000 ehemalige Flüchtlinge in den Kosovo abschieben. Grundlage dafür ist ein gegenseitiges Rücknahmeabkommen. Gerade die Roma unter den Abgeschobenen aber haben im Kosovo vor allem Diskriminierung und Armut zu erwarten. Nenad Rasic ist Minister für Arbeit und Soziales in der Republik Kosovo. Mit ihm sprach ML-Redakteurin Martina Morawietz.
Die Schweiz und der Kosovo haben ein Rücknahmeabkommen für Flüchtlinge unterzeichnet. Menschenrechtsorganisationen wie die Schweizerische Flüchtlingshilfe und amnesty international warnen unterdessen vor Risiken für Roma und fordern, auf Abschiebungen zu verzichten, solange die Menschen nicht in Sicherheit und Würde in den Kosovo zurückkehren können.
Mehr Infos hier.
Erklärung des 1. Roma-Treffens 2010 in Hannover am 31.1.2010.
Mehr dazu: http://romatreffen.wordpress.com
Human Rights Watch: World Report 2010. In ihrem „World Report 2010" kritisiert die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, dass in den Ländern des Westbalkans der Schutz der Menschenrechte hinter den Ansprüchen auf europäische Integration zurückbleibt. (09.02.2010)
Neues Deutschland: "Gültig für einmalige Reise nach Pristina". 10 000 in Deutschland lebende Roma müssen ihre Abschiebung nach Kosovo befürchten, doch was wird aus ihnen? (04.01.2010)
The Sun: "UN saved us from war... and left us to die of poisening" (15.12.2009)
Schweizerische Flüchtlingshilfe: "Roma in Kosovo", in: Fluchtpunkt 47 (Dezember 2009)
Amnesty: Deutsche Innenminister ignorieren Schutzpflicht aus internationalen Konventionen (18.11.2009)
Stoppt die Abschiebungen! Jetzt!
Anlässlich der auch diese Woche andauernden Abschiebungen in den Kosovo findet am Freitag, den 15.01.2010, um 18 Uhr in der Klemensstraße, Höhe Stubengasse (Münster), eine Kundgebung gegen die Abschiebungen in den Kosvo statt.
Auch wenn aus Münster noch niemand abgeschoben wurde, gilt es, ein Zeichen der Solidarität mit den Betroffenen und ein Zeichen des Widerstands gegen diese unmenschliche Politik zu setzen.
5.1.2010
Blintrop. Wenn die Dorfjugend des sauerländischen Dorfes Blintrop am Neujahrstag von Haus zu Haus geht und den Einwohnern mit einem Ständchen ein frohes neues Jahr wünscht, dann machen die 18- bis 27-Jährigen das auch immer für einen guten sozialen Zweck.
„Wir sammelten in den vergangenen Jahren u.a. für Flüchtlinge im Sudan (Dafur) und die Flutwellenopfer von Sri Lanka”, berichtete Fabian Borghoff im Namen der Gruppe. Dieses Jahr sammelte sie für die Aktion 302.
Helfer werfen der Regierung des Kosovo vor, mit der Integration abgeschobener Roma überfordert zu sein
28.12.2009
(Quelle: tagesspiegel.de) Das Kosovo soll funktionieren. Unbedingt. Schließlich haben die meisten EU-Staaten und die USA für die Unabhängigkeit des Staates gebürgt und seiner Regierung eine Rechtstaatsmission (Eulex) zur Seite gestellt. Doch der in Pristina zur Schau getragene Optimismus der vielen jungen EU-Berater steht in krassem Widerspruch zur tatsächlichen Entwicklung im Land. Und das bringt die Paten des Kosovo allmählich in Erklärungsnot. Auch Deutschland. Besonders deutlich wird dies bei der Minderheitenpolitik des neuen Staates. Allein in Deutschland leben derzeit noch beinahe 10 000 aus dem Kosovo stammende Roma sowie weitere 2000 Serben, Roma, Ashkali und Ägypter, die dorthin zurückkehren sollen. Ein Rückführungsabkommen mit Pristina ist bereits ausgehandelt, erste Abschiebungen sind erfolgt. Zuletzt startete am 14. Dezember ein Flugzeug aus Nordrhein-Westfalen mit 28 Passagieren ins Kosovo, darunter auch zehn Roma.
16.12.2009
„Die erzwungene Rückführung von Menschen, die in europäischen Staaten Zuflucht gefunden haben, von Deutschland in den Kosovo sollte ausgesetzt werden“, erklärte der Kommissar für Menschenrechte des Europarats in einem heute veröffentlichten Schreiben an die deutsche Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel. Er weist darauf hin, dass dem Kosovo die Infrastrukturen fehlen, um eine nachhaltige Wiedereingliederung der Flüchtlinge zu ermöglichen.
Der Kommissar zeigt sich vor allem besorgt angesichts der Tatsache, dass die aus europäischen Staaten ausgewiesenen Roma in die bleiverseuchten Auffanglager ?esmin Lug und Osterode in Nord-Mitrovica ziehen müssen, wo die Bleibelastung bereits schwere Krankheiten unter den Angehörigen der Roma-Familien verursacht hat, auch bei Kindern. „Diese Lager müssen dringend geschlossen, den Familien müssen geeignete Unterkünfte zur Verfügung gestellt und es muss bei allen Betroffenen eine vollständige Behandlung zur Blei-Dekontamination durchgeführt werden.“
Am Samstag, den 21.11.2009, fand die zentrale überregionale Demonstration gegen die drohenden Abschiebungen von Roma in den Kosovo statt. Rund 600 Demonstranten gingen auf die Straße, um ihre Meinung zum Thema Abschiebung und zur aktuellen Bleiberechtsregelung kund zu geben.
Pressemitteilung vom 21.11.2009 der SOS Rroma Initiative hier.
Weitere aktuelle Berichte zur Demonstration finden Sie auf unserer Presseseite.
Ein effektiver Abschiebungsschutz kann politisch nur auf Innenministerebene entschieden werden. Deshalb erweitern wir unseren Aktionsradius über Münster hinaus und rufen anlässlich der Innenministerkonferenz (2.-4. Dezember) zu einer zentralen überregionalen Demonstration gegen Abschiebungen von Roma in den Kosovo auf.
21.11.2009, 13 Uhr
Start: HBF, Berliner Platz (Münster)
Flugblatt zum Download:
mehr Informationen auf der Mobilisierungs-Homepage
Neben der zahlreichen Teilnahme sind wir auch dringend auf Spenden angewiesen, die es möglich machen sollen, dass Roma aus anderen Städten nach Münster kommen. Wir versuchen daher, Geld für Wochenendtickets zu sammeln.
Spenden (auch gegen Spendenquittung möglich) an:
GGUA Flüchtlingshilfe
Volksbank Münster
BLZ.: 401 600 50
Kontonr.: 304 222 200
Stichwort: "Fahrtkosten Roma"
Ab sofort findet jeden Samstag vor dem Rathaus von 12-14 Uhr eine Mahnwache zur Solidarisierung mit den von Abschiebung bedrohten Roma statt. Am Samstag, den 21.11.2009, fällt die Mahnwache ausnahmsweise aufgrund der Demonstration "SOS - Keine Abschiebung von Roma in den Kosovo" aus.
Amnesty International, Initiator der Mahnwachen, ruft hiermit herzlich zur Beteiligung und Unterstützung der Aktion auf.
Drei neue Berichte bestätigen, dass sich die Situation im Kosovo für Angehörige der ethnischen Minderheiten nicht verbessert hat und dass Abgeschobene ein Leben in Diskriminierung und Unsicherheit erwartet.
OSZE Mission in Kosovo: Implementation of the Strategy for Reintegration of Repatriated Persons in Kosovo’s Municipalities (November 2009)
UNHCR: Eligibility guidelines (09.11.2009). Deutsche Übersetzung: Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs von Personen aus dem
Kosovo (Januar 2010)
Pro Asyl: Bericht zur Lebenssituation von aus Deutschland abgeschobenen Roma, Ashkali und Angehörigen der Ägypter-Minderheit im Kosovo (Nov. 2009)
Weitere Berichte zur Situation im Kosovo hier.
Ab jetzt laufen im Cinema in Münster vor jedem Film Dias, welche für die Aktion 302 werben und damit die Aufforderung unterstützen, die drohenden Abschiebungen der hier lebenden Roma zu stoppen.
Die Dias werden unentgeldlich aus Solidarität mit der Aktion und den Roma gezeigt.
Diese können auch zur Vorlage und/oder Anregung für ähnliche Aktionen in anderen Städten genutzt werden.
Zur Diashow
Die Kampagne "Schnappschüsse für ein Bleiberecht" von Aktion 302 in Münster findet Nachahmer in Sachsen-Anhalt: Der Flüchtlingsrat, amnesty international und andere Organisationen haben dort unter dem Titel "Aktion 300plus" ebenfalls Fotos von UnterstützerInnen veröffentlicht - auf der Aktionsseite http://aktion300plus.wordpress.com/
Auf unserem Beispielbild von der Website: Maja Hendrich (Polizeiobermeisterin) und Lothar Schirmer (Erster Kriminalhauptkommissar). Aktion 302 wünscht Aktion 300plus alles Gute und viel Erfolg!
Am 3.10.2009 haben in Köln in einer bunten, lautstarken und phantasievollen Demonstration rund 450 Menschen, darunter zahlreiche persönlich Betroffene – ein Bleiberecht in Deutschland für alle gefordert, die hier leben wollen oder müssen.
Begleitet von einer starken Sambagruppe, mit kurzen Theaterperformances und in zahlreichen Reden forderten VertreterInnen u.a. von kein mensch ist illegal, AGISRA und der GGUA aus Münster eine Neuverhandlung der Ende des Jahres auslaufenden sogenannten „Altfallregelung“ von 2006 und ein Bleiberecht unabhängig davon, ob Flüchtlinge in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt vollständig selbst zu verdienen.
Auf der Abschlusskundgebung vor dem Dom brachten die Banana Peel Slippers den Platz zum Tanzen. VertreterInnen von Medinetz Bonn und der Wuppertaler Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen erinnerten an die noch schlechtere Situation der Menschen, die in zunehmender Zahl in Deutschland ganz ohne legalen Status leben und an den Kolonialsimus als Ursache des ungleichen globalen Chancenverteilung.
Milto Oulios schlug in seiner Rede den Bogen zum Feiertag und den Ereignisen vor zwanzig Jahren, die ihn begründen.
Demonstration am 03. Oktober in Köln
Im Vorfeld der Innenministerkonferenz findet in Köln am 03.10.09 eine Demonstration unter dem Motto "Das ganze Bleiberecht für alle!" statt.
Wir wollen mit allen Interessierten am Samstag gemeinsam zur Demonstration fahren und gegen die Abschiebungen von Roma aus dem Kosovo aber auch für ein großzügiges Bleiberecht für alle Flüchtlinge in Deutschland demonstrieren.
Treffpunkt ist um 10 Uhr am Bremer Platz (Hinterausgang des Bahnhofs).
Auch Menschen ohne finanzielle Mittel können mitfahren. Um dies zu ermöglichen, bitten wir auch diejenigen, die können, einen Solidaritäts-Fahrpreis zu bezahlen und so die Wochenendtickets für Menschen mit wenig Geld mitzutragen.
Wir dokumentieren hier den Aufruf aus Köln.
Mit den Stimmen aller Parteien hat der Rat Münster eine Resolution gegen die Abschiebung von 302 in Münster lebenden Roma in das Kosovo verabschiedet. Es war die letzte Sitzung des Rates in seiner alten Zusammensetzung. Nach den Herbstferien beginnt die neue Legislaturperiode.
Konkret wird die Landesregierung in der Resolution aufgefordert, die drohende Abschiebung „ab sofort für die Dauer von sechs Monaten auszusetzen“.
Das Papier wurde erarbeitet vom Ausländerbeirat und geht unter anderem auf die Problematik ein, dass rund 50 Prozent der betroffenen Roma Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind.
(21.9.2009) „Das ist eine humanitäre Tragödie auf offener Bühne. Der nordrhein-westfälische FDP-Innenminister Wolf muss endlich die Abschiebung der Roma aussetzen, hierzu gibt es keine Alternative“: Mit dieser Forderung unterstützt Wolfgang Heuer für die SPD-Ratsfraktion die Initiative des Ausländerbeirates mit dem Ziel eines Abschiebstopps für die in Münster lebenden Roma.
In Münster, führt der Sozialdemokrat aus, seien demnach ca. 300 Angehörige der Roma aktuell von einer zwangsweisen Abschiebung in den Kosovo bedroht, die Hälfte davon Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. "Diese kennen die Heimat ihrer Eltern nicht, würden nach allgemein anerkannter Einschätzung so gut wie keine Ausbildungs- und Berufschance besitzen", betont Heuer. Der Kosovo gelte als das ärmste Land in Europa, das mit der Integration von Flüchtlingen völlig überfordert sei. „Die Aufhebung des bisherigen Abschiebestopps in Nordrhein-Westfalen nimmt auf diese Tatsachen keine Rücksicht, sie ist unter humanitären Gesichtspunkten unverantwortlich.“
Da einzelne Abschiebungen im Münsterland offenbar bereits
angeordnet wurden, sei dringender Handlungsbedarf gegeben. „Ich erwarte hier auch vom scheidenden Oberbürgermeister Dr. Tillmann eine rasche Initiative in Richtung Düsseldorf. Dabei setze ich auf die Unterstützung durch eine breite Mehrheit im Rat der Stadt, für die der Resolutionstext des Ausländerbeirates eine gute Grundlage bildet.“
Quelle: Echo Münster
Zwei rote Sofas mitten in der Fußgängerzone, auf ihnen ständig wechselnde Besetzung. Viele Münsteraner, darunter auch Lokalprominenz aus Kultur und Politik, nutzten die Fotoaktion "Schnappschüsse für ein Bleiberecht" am 5. September zur öffentlichen Solidarisierung mit den 302 umittelbar von der Abschiebung bedrohten Roma aus Münster.
Zu der Veranstaltung aufgerufen hatten die GGUA Flüchtlingshilfe, die Asylgruppe Münster von Amnesty International und die S.O.S. Rroma-Initiative Münster. Der Andrang war gewaltig. Trotz vieler kurzer Regenschauer und reichlich kühler Windböen bildeten sich immer wieder Warteschlangen. Die beiden Fotografinnen Luciana Ferrando und Ulrike Löw – alle Fotos in der rechten Spalte sind von ihnen – fotografierten quasi "im Akkord".
Die anwesenden Roma hatten trotz gedrückter Stimmung sichtlich Freude, sich in wechselnder Besetzung mit ihren Solidarisierern ablichten zu lassen. Häufig ergaben sich während des Shootings Gespräche zwischen den fotografierten Personen, die dabei völlig vergaßen, das Sofa wieder zu verlassen, während vor ihnen bereits die nächsten Fotografierwilligen warteten. Zahlreiche SolidarisiererInnen hatten sich bereits vorab zur Aktion angemeldet, doch auch viele Passanten, die zufällig vorbei kamen, entschieden sich spontan zu einem Unterstützerfoto und informierten sich anschließend an den Ständen von GGUA und Amnesty International.
Abseits des Fotoshootings berichteten viele Roma von ihren Ängsten, für einige von ihnen läuft die Frist, bis zu der sie sich zu ihrer "freiwilligen" Ausreise geäußert haben müssen, bereits in 10 Tagen ab. Sie können nachts kaum noch schlafen, drei Roma sind bereits mit Nervenzusammenbrüchen in Krankenhäuser eingeliefert worden. Einer hat vor Angst seine Stimme verloren und kann sich seit Tagen nur noch flüsternd verständigen. Alle befürchten, unmittelbar nach Ablaufen der Frist mitten in der Nacht abgeholt und in ein Flugzeug gesetzt zu werden.
Die Solidarität der übrigen Münsteranerinnen und Münsteraner bedeutet den Roma viel. Ali Deli, einer der Sprecher der Rroma-Initiative Münster, betonte: "Wir haben uns NRW-weit informiert und wissen, dass Münster etwas besonders ist. Nirgendwo sonst gibt eine so große öffentliche Unterstützung für Roma wie hier, und dafür möchten wir uns ganz herzlich bedanken!" In Zukunft möchte sich die Rroma-Initiative mit anderen Roma-Organisationen in Nordrhein-Westfalen vernetzen, um die Proteste auch auf ihrer Seite systematisch auszuweiten. Auch die übrigen Mitwirkenden der "Aktion 302" bieten ihr Knowhow ausdrücklich anderen Gemeinden zur Unterstützung an, damit dort ähnliche Solidaritätsveranstaltungen stattfinden können.
„Es war unsere Traumvorstellung, genau 302 Unterstützerfotos zusammen zu bekommen. Die symbolische Zahl: Für jeden unserer Roma einen Unterstützer. Aber wir haben nicht zu hoffen gewagt, dass es klappt", erzählen die beiden Fotografinnen, "Als wir 200 Fotos zusammen hatten, waren wir schon glücklich." Ab dem 260. Unterstützerfoto begannen auch die anwesenden Roma mitzufiebern, ob die magische Zahl noch erreicht werden konnte. Um 17.10 Uhr, zehn Minuten nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung, war es dann geschafft, und bei den Roma wie auch bei den übrigen "Aktion 302"-Aktivisten brach Jubel aus. "Sehr gute Aktion", freuten sich die Roma-Sprecher Ali Deli und Semsij Abdullahu.
„Nach der Aktion ist vor der Aktion", resümiert GGUA-Mitarbeiterin Ulrike Löw, "So erfolgreich diese Aktion auch war: Die drohende Abschiebung der Roma ist deshalb nicht abgewendet. Wir machen weiter."
Die gesamten Fotos der Fotogafinnen Luciana Ferrando und Ulrike Löw vom roten Sofa veröffentlichen wir nach und nach hier.
Einen ausführlichen Fernsehbeitrag (WDR-Lokalzeit Münsterland) zu der Aktion finden Sie hier.
Der Vorsitzende des Ausländerbeirats, Spyros Marinos, hat in einem Offenen Brief Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, sich gegen die geplanten Abschiebungen von Roma in den Kosovo einzusetzen. In dem Schreiben heißt es unter anderem: "Mit äußerster Dringlichkeit möchte ich Sie als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland im Namen des Ausländerbeirates der Stadt Münster bitten: Stoppen Sie die geplanten Abschiebungen von Roma in das Kosovo und gewähren Sie den Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma in Deutschland Schutz und Aufenthalt."
Den vollständigen Brief finden Sie hier.
19. August 2009 – In einem Bericht über eine Serie von Angriffen auf Roma in Gnjilane, im Osten Kosovos, die möglicherweise einen ethnischen Hintergrund haben, äußert die Menschenrechtsorganisation Chachipe ernsthafte Zweifel über die Qualität und Objektivität der Berichterstattung über ethnisch motivierte Gewalttaten gegenüber Roma. Berichten zufolge, wurden in den letzten Juliwochen in einem traditionellen Romaviertel in Gnjilane, mehrere Roma von albanischen Nachbarn angegriffen und misshandelt, ohne die internationalen Organisationen darüber berichtet hätten.
Der Vorsitzende des Ausländerbeirats, Spyros Marinos, Weihbischof Josef Voß, der CDU-Politiker Richard-Michael Halberstadt, der neue Oberbürgermeister Markus Lewe und der SPD-Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters, Wolfgang Heuer, haben sich zu den drohenden Abschiebungen von Roma aus Münster geäußert. Wir dokumentieren ihre Statements im Folgenden.
Die Wortbeiträge stammen aus dem Bürgerfunkmagazin "Würzig", das am 23. August über Antenne Münster gesendet worden ist.
Amnesty international hat eine Petition an den Vorsitzenden der Innenministerkonferenz vorbereitet, in der ein sofortiger Abschiebungsstopp für Roma aus dem Kosovo gefordert wird. Für diese Petition sollen bis zur nächsten Innenministerkonferenz so viele Unterschriften wie möglich gesammelt werden.Sie finden die Petition mit einer Unterschriftenliste hier.
GAL-Ratsmitglied Dr. Brigitte Hasenjürgen hat im Juli eine Recherchereise in den Kosovo unternommen. Auf der Grundlage ihrer Erfahrungen haben die Grünen eine Pressemitteilung veröffentlicht, die wir im folgenden dokumentieren.
Zehn Jahre nach dem Kriegsende in Kosovo leben viele Flüchtlinge immer noch in Münster. Darunter vor allem Angehörige von Minderheiten, die so genannten Roma, Ashkali und Balkan-Ägypter. Ihre Kinder und Jugendlichen sind in Münster aufgewachsen und zur Schule gegangen, sie sprechen Deutsch, lieben den Send und das Hafenfest, planen eine Zukunft als Friseurin, Maurer oder Verkäuferin. Kosovo kennen sie nur aus den Nachrichten und von ihren Eltern, die von Verfolgung und brennenden Häusern berichten.
(...)
Münster sollte den Anfang machen. Münster ist eine relativ reiche deutsche Stadt, gibt sich gern weltoffen, liberal und menschlich. Warum nicht ein Zeichen setzen und aller Welt zeigen, dass die Stadtgesellschaft Münster selbstbewusst NEIN zur Abschiebung von Roma sagt. Münster verkündet: Wir schieben lange hier lebende Roma nicht ab – sie gehören zur Stadtgesellschaft. Die Grünen begrüßen die Münsteraner Aktion „Aktion 302 – Rettet eure Nachbarn“ und fordern die Stadtgesellschaft und den Rat der Stadt Münster auf, die drohende Abschiebung der 302 Roma aus Münster sofort auszusetzen! Die Grünen setzen sich für eine konstruktive Zusammenarbeit aller Parteien ein. Ziel ist eine gemeinsame Ratsentscheidung gegen die Abschiebung von Flüchtlingen in den Kosovo.
Quelle: Pressemitteilung der GAL Münster
(12.8.2009) Rüdiger Sagel, Landtagsabgeordneter (Die Linke) und GGUA-Vorstandsmitglied, hat im nordrhein-westfälischen Landtag einen Antrag zu den drohenden Abschiebungen von Roma in den Kosovo eingebracht. Darin soll die Landesregierung unter anderem aufgefordert werden, sich für einen Abschiebungsstopp und ein dauerhaftes Bleiberecht für Roma einzusetzen.
Wir dokumentieren den Antrag im Wortlaut:
"In großer Zahl werden seit Wochen Romaflüchtlinge aus dem Kosovo aufgefordert, Deutschland „freiwillig“ zu verlassen. Tun sie das nicht, dann droht ihnen die Abschiebung. Nach mehreren Verhandlungsrunden zwischen deutschen und kosovarischen Behördenvertretern über den Abschluss eines Übernahmeabkommens hat sich die kosovarische Seite einverstanden erklärt, Rückübernahmeersuchen für alle ausreisepflichtigen Personen zu behandeln – und auf die Frage der Volkszugehörigkeit dabei keine Rücksicht mehr zu nehmen. Damit können – so auch der Klartext aus verschiedenen Länderinnenministerien wie NRW – Roma ab sofort abgeschoben werden.
Die nun beabsichtigten Abschiebungen sind unverantwortlich. Eine Abschiebung der Roma-Flüchtlinge aus Deutschland ist aus humanitären Gründen nicht hinnehmbar. Die meisten leben seit Jahrzehnten in Deutschland, Kinder und Jugendliche sind hier aufgewachsen oder gar geboren, sie haben hier die Schule besucht und sind hier groß geworden. Abschiebungen bedeuten eine erhebliche Gefährdung des Kindeswohls und eine Beschädigung ihrer Persönlichkeit. Ihre Heimat ist Deutschland, nicht der Kosovo."
Westfälische Nachrichten, 8. August 2009
Wenn von Abschiebung die Rede ist, muss Augenmaß walten. Eine Abschiebung ins Elend widerspricht der Menschenwürde. Gerade die Deutschen haben allen Grund, die Würde der Roma zu achten. Tausende von Roma und Sinti sind schließlich in den Konzentrationslagern der Nazis umgebracht worden.
Sinnvoller als Abschiebung sind allemal Integrationskonzepte, die den Kindern der Roma, die oft in Münster geboren sind, den Weg in Schule und Beruf ebnen. Wer ständig auf gepackten Koffern sitzt, entwickelt keinen Drang, für die Zukunft zu lernen.
Abschiebebescheide für 302 Roma
11.9.09, Münstersche Zeitung
Leben auf der Mülllkippe
9.9.2009, hallo Münster
Aktion 302 - Rettet eure Nachbarn!
September 2009, Straßenmagazin draußen!
Abschiebung droht: 60 Roma in Angst
7.8.2009, Westfälische Nachrichten
Mehr als 300 Roma haben Angst vor der Abschiebung
25.7.2009, Münstersche Zeitung
"Den Roma hier Stimme geben"
20.7.2009, Westfälische Nachrichten
Roma fordern Bleiberecht
17.7.2009, Münstersche Zeitung
Roma in Münster demonstrieren gegen Abschiebung, Videobericht hier
3.7.2009, Westfälische Nachrichten
Demonstration auf dem Domplatz: Roma-Flüchtlinge protestieren gegen ihre Abschiebung in den Kosovo
2.7.2009, Echo Münster
Es war viel los auf dem Lambertikirchplatz in Münster. Im Herzen der historischen Altstadt in Münster protestierten am 18 Juli 2009 die Asylgruppe Münster von Amnesty International und die GGUA Flüchtlingshilfe gemeinsam mit Unterstützerinnen und Unterstützern und Betroffenen gegen die geplanten Abschiebungen der 302 geduldeten münsterschen Roma und forderten die Stadt und alle Münsteranerinnen und Münsteraner auf, sich für ihre Nachbarn einzusetzen.
Trotz Urlaubszeit und drohendem Gewitter fanden sich viele Interessierte auf dem Kirchplatz ein. Neben Spyros Marinos, dem Leiter des Ausländerbeirats, und CDU-Ratsherr Richard Michael Halberstadt sprachen auch Betroffene, Vertreter von Amnesty International , der GGUA Flüchtlingshilfe sowie ehrenamtliche Mitarbeiter verschiedener Flüchtlingshilfeprojekte. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Strässer ließ per mail ausdrücklich seine Solidarität mitteilen, konnte jedoch leider nicht persönlich erscheinen.
Auch weit über 100 Roma waren erschienen, sprachen auf dem Podium und gingen anschließend auch direkt auf interessierte Münstersche Bürgerinnen und Bürger zu, um über ihre Ängste und die katastrophalen Lebensumstände im Kosovo zu sprechen. Die unmittelbaren Erfahrungsberichte der Roma sorgten bei den Passanten für sichtliche Betroffenheit.
Ein Roma-Jugendlicher, den die GGUA Flüchtlingshilfe für ihre Radiosendung „Fluchtpunkt“ interviewte, erläuterte, warum er nicht im Kosovo leben kann: „Wir sind keine Albaner, wir sind Roma. Die Sagen: 'Du bist Roma, du gehörst nicht zu uns. Sprichst du meine Sprache? Nein. Hast du mein Blut? Nein. Du hast nichts von mir. Du bist für mich wie ein Stück Dreck.'
Wenn wir da hingehen … egal, welchen Roma die da sehen, brauner Junge, schwarze Haare, braune Augen, dann gucken die dich sofort – dann packen die dich und schlagen dich. Vor zwei Wochen haben wir gehört, ein Bekannter von uns, der wurde da zu Tode geschlagen, nur weil er in einem Mercedes saß. Haben sie geguckt: Das ein Roma, rausgezogen, kaputtgeschlagen.“
Eine junge Roma-Frau erzählte: „Ich bin 17 Jahre alt und lebe seit 15 Jahren in Deutschland. Ich selber kenne den Kosovo überhaupt nicht. Ich habe davon nur durch Verwandte gehört und durch meine Familie, die alles selber erlebt hat. Und das möchte ich auf keinen Fall erleben.
Meine Eltern haben Angst um ihr Leben gehabt. Als unser Haus niedergebrannt wurde, wurde meine Mutter verletzt. Sie war gerade am Kamin,und da sind ein paar Albaner gekommen, die wollten meinen Vater da raus holen, und da hat meine Mutter sich erschreckt, weil sie wusste, was das bedeutet. Sie wollte meine ältere Schwester verstecken vor den Albanern, und wir hatten da so einen Teppich, und der hat dann gebrannt, und meine Mutter wollte sich so schnell wie möglich verstecken, und dabei wurde ihr ganzer Arm verbrannt. Sie hat noch immer die Brandnarben am Arm und erzählt immer wieder darüber. Auch gestern wieder.
Ich habe gestern so geweint, ich konnte nicht mehr. Meine Mutter ist ganz krank, seit sie gehört hat, dass wir abgeschoben werden sollen. Das war für mich schrecklich, meine Mutter so leiden zu sehen. Das ist für mich wirklich schrecklich (bricht in Tränen aus). Ich kann das nicht mehr, wirklich!“
Dem Rückübernahmeabkommen zwischen der Bundesregierung und der kosovarischen Regierung, das auch ethnischen Minderheiten Sicherheit und ein menschenwürdiges Dasein zu garantieren scheint, trauen die münsterschen Roma nicht. Immer wieder hörten wir Aussagen wie: „Die sagen das nur, weil sie das Geld haben wollen. Deutschland zahlt dafür viel Geld. Und wenn die das Geld haben, dann machen sie damit, was sie wollen, aber die helfen uns nicht.“
Ein weiterer Roma-Angehöriger erzählt: „Die Albaner haben so viele Roma umgebracht, nachts Häuser abgebrannt, haben auch Leute aus meinem Ort umgebracht, meine Oma, meinen kleinen Bruder. Ich glaube nicht, dass sich das ändern wird, weil die Albaner so einen Hass auf uns haben.“
In der Tat kann keine noch so optimistische Absichtserklärung der kovoarischen Regierung darauf hoffen lassen, dass albanische Nationalisten im Kosovo plötzlich tolerant gegenüber den Roma sein werden. Relative Ruhe vor Übergriffen haben diese dort – wenn überhaupt - nur, wenn sie unauffällig und vollkommen zurückgezogen leben und sich möglichst nicht aus ihren verfallenen
Siedlungen entfernen.
Die Lebensbedingungen im Kosovo sind für Roma nach wie vor extrem schwierig. Traurige Bekanntheit haben hier vor allem die bleiverseuchten Roma-Lager in der Umgebung von Mitrovica erreicht.
Ein münsterscher Roma erzählt von einem Video, das Freunde kürzlich im Kosovo gedreht und nach Deutschland mitgebracht haben: „Schrecklich. Furchtbar. Da gibt es nur noch kaputte, abgebrannte Häuser, die Menschen durchsuchen die Mülleimer. Wenn sie was gefunden haben – gut, wenn nicht, dann haben sie gar nichts.“ Für die Roma aus Münster ist die Vorstellung, so leben zu müssen, ebenso unvorstellbar wie für Deutsche.
„Ich bin seit meinem sechsten Lebensjahr in Deutschland. Ich liebe Deutschland. Deutschland ist mein Zuhause“, erklärt ein 16jähriger Roma, „nächstes Jahr im Sommer will ich meinen Hauptschulabschluss machen, und ich habe sogar schon eine Lehrstelle“. Von seiner Mitgliedschaft im Fußballverein in der Gemeinde Mauritz berichtet ein weiterer. Sie alle sagen, sie sprechen besser deutsch als ihre eigene Muttersprache, haben hier ihre Freunde, sie fühlen sich wohl, sie kennen nichts anderes als Deutschland.
„Die Deutschen sind für mich genau so Brüder und Freunde wie auch die Roma. Menschen sind Menschen“, bringt es ein 18jähriger Roma-Jugendlicher auf den Punkt, „Wenn es ein Deutscher ist, ist es ein Deutscher. Aber auch wenn Araber, Türke, ist mir scheißegal. Hauptsache, wir verstehen uns.“
Auch Ratsherr Richard-Michael Halberstadt (CDU), der auch Vorsitzender der Kommission zur Unterbringung von Aussiedlern, Asylbewerbern und ausländischen Flüchtlingen in Münster ist, unterstützt die Forderungen der Roma. Er bezeichet ihre drohende Abschiebung als „sehr unsozial“ und „sehr unmenschlich“ und ruft seine Ratskollegen dazu auf, „Gas zu geben“ und parteiübergreifend sehr schnell eine Resolution zum Bleiberecht für diese Menschen zu verabschieden, „denn sie sind für uns und gerade auch für die Stadt Münster, die sich immer als offene und tolerante Stadt erklärt, eine Lebensbereicherung.“
15. Juli 2009. Das Kosovo ist selbständig - und von dort geflüchtete Roma schickt Deutschland in ihr Herkunftsland zurück. Ein schwerer Fehler, sagt Thomas Hammarberg, Menschenrechtskommissar der EU, im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau.
FR: Anfang Juli hat das Land Niedersachsen einen Roma ins Kosovo abgeschoben. Der Mann landete dort offenbar in einem Flüchtlingslager. War das denn so in Ordnung?
Hammarberg: Den speziellen Fall möchte ich nicht kommentieren. Aber ich bin bei meiner Mission ins Kosovo im März zu der Überzeugung gekommen: Für eine Rückkehr, die diesen Namen verdient und nicht bloß Abschiebung ist, ist die Zeit noch nicht reif. Was unsere Regierungen oft vergessen: Ohne Integration im Ursprungsland sind die Abgeschobenen umgehend wieder da. Manche sprechen schon zugespitzt von "Recycling".
Darf man dorthin überhaupt abschieben?
Ich appelliere an die Regierungen, es nicht zu tun, besonders dann nicht, wenn es um Minderheiten geht. Kosovo hat noch nicht die Kapazität, viele Rückkehrer aufzunehmen. Nach meinem Eindruck handhaben die Regierungen die Frage aber sehr technisch: Kosovo ist jetzt selbstständig, also können wir Rückführungsabkommen schließen.
Während des Krieges im Kosovo in den 90er Jahren dienten viele dort lebende Roma den Serben als Handlanger. Nach dem Ende der Kämpfe und der im letzten Jahr einseitig erklärten Unabhängigkeit des Kosovo befinden sich jetzt viele zwischen den Fronten.
Rund 150 Familien, mehr als 500 Menschen, leben im serbisch dominierten Norden von Mitrovica seit 10 Jahren auf engstem Raum in den Lagern von Osterode und Cesmin Llug – auf einer Müllhalde für Giftmüll. Die Kinder kommen mit Arsen und Blei in Berührung, sie weisen Belastungen von 38 Schwermetallen auf. 81 Menschen haben hier bereits den Tod gefunden. Seit 2006 versucht die internationale Gemeinschaft die Roma umzusiedeln - aber die haben Angst vor albanischen Extremisten. (Quelle: Südwestrundfunk / SWR, 18.7.2009)
AKTION 302
Rettet eure Nachbarn!
302 Münsteranerinnen und Münsteranern droht die Abschiebung in den Kosovo.
Dazu darf es nicht kommen!
Es liegt in unserer Verantwortung!
Kommt zum Aktionstag!
Samstag, 18.07.2009, 10 bis 16 h
Lambertikirchplatz, Münster
Interviews | Musik | Information
Die Republik Kosovo und Deutschland haben ein Rückübernahmeabkommen beschlossen - eine wesentliche Regelung darin bestimmt, dass nunmehr auch Roma und Serben in den Kosovo abgeschoben werden. Das Abkommen wurde am 6.Juli unterzeichnet und soll bereits jetzt in Niedersachsen, Hessen und in NRW umgesetzt werden.
Hierzu Claudius Voigt von der GGUA Münster: "Auch das nordrhein-westfälische Innenministerium hatte bereits am 13.05. einen Erlass herausgegeben, in dem die Ausländerbehörden informiert werden, dass der Kosovo bereits vor Unterzeichnung des Rückübernahmeabkommens bereit sei, Personen mit 'vermuteter' kosovarischer Staatsangehörigkeit zurückzunehmen – und zwar unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit, also auch Roma und Serben."
Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Thomas Hammarberg, fordert die europäischen Regierungen auf, „Zwangsrückführungen von Minderheiten in das Kosovo zu vermeiden“.
Die Rechtsberaterkonferenz fordert, den Betroffenen statt Deportationsandrohungen Aufenthaltserlaubnisse zu gewähren.
Auch die GGUA fordert, den teilweise seit 20 Jahren hier lebenden Flüchtlingen endlich ein dauerhaftes Bleiberecht zu geben.
Bundesweit sind etwa 30.000 Menschen von dieser neuen Situation betroffen und bedroht, in Münster sind es 302.
Am 18.07.2009 startet in Münster die „Aktion 302. Rettet eure Nachbarn.“ Gemeinsam mit Amnesty international protestiert die GGUA Flüchtlingshilfe gegen die geplanten Abschiebungen der münsterschen Roma und fordert die Stadt und alle Münsteraner und Münsteranerinnen auf, sich für ihre Nachbarn einzusetzen.
Hannover, 11.07.2009. Die Roma-Treffen setzen sich seit Herbst 2008 für einen sicheren Aufenthalt der Roma-Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, Brennpunkt Kosovo, in Deutschland ein. Mit ihrem neuen Blog haben die Treffen jetzt einen zentralen Infopunkt im Internet eingerichtet: http://romatreffen.wordpress.com
Das Motto lautet – wie bei der Interkulturellen Woche 2009: „Misch' mit!“.
Der neue Blog der Roma-Treffen bietet: Hinweise auf die Situation der Roma, der grössten Minderheit in Europa, sowie Positionen, Proteste, Dokumente, Termine und Service-Tipps für den Streit um einen sicheren Aufenthalt für Roma auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene.
Mehrere seit längerem bestehende Internet-Adressen mit gut recherchierten Informationen wie www.roma-kosovoinfo.com, www.romarights.wordpress.com oder die websites der Flüchtlingsräte werden durch den neuen Blog ergänzt.
Die Internet-Präsenz der Roma-Treffen bündelt wichtige Informationen für Roma und ihre Kooperationspartner in Deutschland. Auf bestehende wichtige Internet-Portale wird verwiesen. Die User sind eingeladen, auch selbst Beiträge und Kommentare einzugeben.
Termine für die nächsten Roma-Treffen und gemeinsame Protestaktionen sind nun rechtzeitig im Internet zu erfahren. Denn Roma-Flüchtlinge brauchen starke
Kooperationspartner in der Zivilgesellschaft der Bundesrepublik: Mitwirken erwünscht!
Kontakt:
http://romatreffen.wordpress.com, info@roma-treffen.de
Presseinformation: Roma-Treffen online, 10.07.09
GGUA-Redebeitrag zur Demo der Roma am 03.07.09 in Münster
Hier in Münster wohnen, lernen, arbeiten knapp 1.000 Menschen aus dem Kosovo.
Die Mehrheit von ihnen sind Roma, die seit vielen Jahren hier leben. Sie sind die größte Flüchtlingsgruppe in Münster. Dennoch haben sie hier kein Asyl erhalten. Sie leben in dem ständig gefährdeten Status der Duldung.
Deutschland will nun viele Roma zurück in den Kosovo schieben. Mit seinem Erlass vom 13. Mai hat das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen diese Abschiebungen angeordnet. Und gestern haben die Vertreter der deutschen und kosovarischen Regierung das schon lange geplante Rückübernahmeabkommen unterschrieben. Damit sind den zwangsweisen Rückführungen alle nötigen Tore geöffnet.
Wir sagen: Die geplanten Abschiebungen von Roma in den Kosovo sind eine humanitäre Katastrophe!
und:
Die Abschiebungen widersprechen der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber den Roma!
Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma begründet eine historische Verantwortung Deutschlands. Das Land der Täter hat die Verantwortung, einer erneuten Verfolgung und Diskriminierung der Sinti und Roma entgegenzuwirken. Deutschland muss den Roma Schutz vor rassistischer Verfolgung und struktureller Diskriminierung gewähren.
Doch die aktuelle Situation sieht ganz anders aus:
Rassistische Vorurteile in den Medien und der Bevölkerung, ein systematischer Ausschluss der Sinti und Roma von allgemeiner Bildung und Arbeit, vom Wohnen und damit [allgemein] von der Gesellschaft und das jetzige Rückübernahmeabkommen und die geplanten Abschiebungen machen die inhumane Flüchtlingspolitik gegenüber den Roma überdeutlich.
Blickt man über Deutschland hinaus, zeichnet sich das Bild nicht positiver. Verstärkt seit Ende der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts kam es in der ehemaligen Sowjetunion und Südosteuropa zu Diskriminierung, Verfolgung und Pogromen gegen Roma.
Mit dem Zusammenbruch und dem Zerfall des Ostblocks erstarkten Nationalismus und wirtschaftliche Krisen. Roma gerieten dabei immer wieder zwischen die Fronten und wurden gewaltsamen Verfolgungen und strukturellen Benachteiligungen ausgesetzt. Als Mitte der 1990er die Kriege auf dem Balkan und in Ex-Jugoslawien begannen, gehörten die Roma zu einer der ersten Gruppen, die unter den instabilen Verhältnissen leiden mussten.
Nicht zuletzt im und nach dem Kosovo-Krieg wurden Roma Opfer von systematischen Vertreibungen, gewaltsamen Übergriffen, Brandschatzung und vermeintlichen Racheaktionen von kosovo-albanischen Milizen und Teilen der Bevölkerung.
Es gab viele Tote und Verletzte, Tausende flohen aus ihren Dörfern, aus ihrem Land. Zu der bisherigen sozialen und wirtschaftlichen Ausgrenzung kam nun, dass Tausende in Flüchtlingslagern leben mussten, ihr Hab und Gut verloren, ihre Gesundheit und ihr Leben täglich durch Übergriffe bedroht wurden.
Seit dem Einmarsch der NATO in den Kosovo 1999 kam es zur Ermordung und Vertreibung tausender Roma und zur Zerstörung ihrer Siedlungen.
Im März 2004 kam es erneut zu heftigen Übergriffen. Mehr als 4000 Kosovo-Serben, -Ashkali und -Roma wurden in den Pogromen vertrieben. 19 Personen starben, 730 Häuser wurden niedergebrannt und geplündert, 36 Kirchen oder Klöster sowie verschiedene Grabstätten wurden zerstört oder beschädigt. Beobachter gingen damals noch von einer verbesserten Sicherheitslage aus und einige Flüchtlinge waren damals bereits zurückgekehrt.
Nicht nur im Kosovo, sondern auch in vielen Ländern Europas und Süd-Osteuropas bestehen Diskriminierung und Bedrohung heute weiter fort. Sinti und Roma werden aus verschiedensten Gründen – aufgrund von Krieg, Verfolgung oder struktureller Diskriminierung - zu Flüchtlingen und brauchen dringend Schutz!
Aber dieser Schutz wird ihnen nicht gewährt! In Europa und in Deutschland erhalten Sinti und Roma kein Asyl als Verfolgte!
Selbstverständlich sollte das Land der damaligen Täter den Sinti und Roma, also Angehörigen einer auch im NS verfolgten Minderheit, Schutz bieten.
Aber auf sie wird das deutsche Ausländerrecht rigoros angewandt:
Ihnen wird kein Asyl gewährt und Roma aus osteuropäischen Ländern werden rücksichtslos abgeschoben. Kettenduldungen, soziale und wirtschaftliche Ausgrenzung dominieren weiterhin die Lebensverhältnisse vieler Roma-Flüchtlinge in Deutschland – auch hier in Münster. Von den, in den Jahren 2006 und 2007 verabschiedeten, Bleiberechtsregelungen profitieren aufgrund der hohen Voraussetzungen und der vielen Ausschlussgründe nur die wenigsten Familien. Ihnen droht nach wie vor die Abschiebung.
Ca. 23.000 Roma leben in Deutschland teilweise seit mehr als 20 Jahren im prekären Status der Duldung. Dies bedeutet in der Regel beengte und isolierte Unterbringung in Lagern oder anderen Großunterkünften, unzureichende Schulbildung, Verweigerung von Berufsausbildung, Arbeitslosigkeit durch Arbeitsverbot oder nachrangigen Arbeitsmarktzugang und nicht zuletzt die permanente Gefahr einer Abschiebung.
Mit dem Rückübernahmeabkommen wurde nun der Tausch von politischer Anerkennung des unabhängigen Kosovos gegen die Zusicherung der Rücknahme der Flüchtlinge vollendet. Es sind noch in diesem Jahr Massenabschiebungen von Roma in den Kosovo zu befürchten. Abschiebungen trotz der weiterhin unsicheren Lage und fehlender sozialer und wirtschaftlicher Perspektiven für diese Minderheit. Und nur die wenigsten haben noch einen Bezug zu ihrem Herkunftsland, in das sie nun zurückgeschickt werden sollen.
Viele, die hier versammelt sind, haben Angst nachts einzuschlafen, weil sie befürchten, im Morgengrauen aus dem Bett abgeschoben zu werden. Genauso, wie das bereits in der Vergangenheit öfters und z.B. letzte Woche in Niedersachsen gemacht wurde. Das ist eine unerträgliche Situation!
Wir sagen Nein zu Abschiebungen in den Kosovo und in andere unsichere Gebiete. Wir sagen Nein zum Ausschluss der Roma aus der Gewährung von Schutz!
Die Bleiberechtskämpfe der Roma und ihrer Unterstützer und Unterstützerinnen in Deutschland in den 1990er Jahren und die Demonstration von heute sind Beispiele, dass seit Jahrzehnten auch Selbstorganisationen gegen diese Zustände aktiv sind.
Roma zeigen, dass sie hier bleiben wollen und sich längst hier zu Hause fühlen. Sie können und wollen nicht in den Kosovo zurück!
Wir fordern seit langem, dass sie endlich gehört werden.
Die GGUA Flüchtlingshilfe ist der Meinung, dass die momentane Politik, die Roma in eine gefährliche und perspektivlose Situation zurückschieben will, weder der historischen noch der menschenrechtlichen Verantwortung Deutschlands gerecht wird.
Deshalb fordern wir:
Einen sofortigen Abschiebestopp für Roma und alle anderen Minderheiten nach Ex-Jugoslawien!
Effektiven Schutz der Sinti und Roma vor rassistischer Diskriminierung und Verfolgung, überall!
Ein dauerhaftes Bleiberecht für alle Roma
und
das Recht auf Freizügigkeit in Deutschland und Europa.
Roma sollen ohne Beschränkungen in dem Staat leben können,
in dem sie leben wollen!
Wir wollen hier auch sagen, dass wir mit denen sind, denen hier von Deutschland kein Schutz gewährt wird.
Wir sind mit all denen, die hier heute sind und die täglich um ihren Aufenthalt fürchten!
Wir sind mit denen, die nicht abgeschoben werden wollen aus einem Land, in dem sie groß geworden sind, in dem sie zur Schule gehen oder gegangen sind, einem Land, in dem sie - trotz der Diskriminierung - Perspektiven entwickelt haben.
Die GGUA Flüchtlingshilfe unterstützt die selbstorganisierten Kämpfe um ein dauerhaftes Bleiberecht für alle Verfolgten, für alle Roma.
Wir wünschen euch Kraft und Mut für euren Kampf um das Recht hier zu bleiben und ein menschenwürdiges Leben zu führen!
Und wir fordern die Politik auf, euch dieses Recht zu gewähren!
Die Rechtsberaterkonferenz der mit den Wohlfahrtsverbänden und dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen zusammenarbeitenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gab nach ihrer Frühjahrstagung vom 15./16. Mai in Bad Honnef eine Stellungnahme ab, gegen die erklärte Absicht, in Deutschland lebende Flüchtlinge aus der Volksgruppe der Roma in den Kosovo abzuschieben.
Sie bemängelt, dass auch nach der Unabhängigkeit des Kosovo ein Überleben für Roma unter menschenwürdigen Bedingungen nicht gesichert sei und fordert von der Bundesregierung nicht zuletzt aufgrund der besonderen geschichtlichen Verantwortung Deutschlands gegenüber der Volksgruppe der Roma, Aufenthaltserlaubnisse statt Deportationsdrohungen.